„Alles Gute zum 50. Geburtstag wünscht…“ – darf man dem Mitarbeiter in der Werkszeitung gratulieren?

Einmal im Jahr ereilt er jeden von uns – der Geburtstag. Alle Freunde möchten einem zu diesem besonderen Tag gratulieren, Mitarbeiter erwarten eine ganz besonders ausgefallene Geburtstagstorte und auch der Arbeitgeber möchte sich nicht lumpen lassen und vor einem möglichst großen Dunstkreis seine Anerkennung aussprechen.

Nun mag es für einige Mitarbeiter nichts Besseres geben, als zumindest einmal jährlich im Rampenlicht zu stehen und von allen Kollegen bewundert zu werden – dafür, dass man einen neuen Ring unter der Rinde hat. Oft vergessen wird dabei jedoch, dass nicht alle Menschen gleich sind. Einige sind extrovertiert und genießen die volle Aufmerksamkeit, andere definieren ihre Lebensleistung nicht am Alter und möchten nicht aufgrund des Voranschreitens der Zeit und des körperlichen Verfalls in die Öffentlichkeit gezerrt werden.

Also – wie kann der Arbeitgeber den individuellen Wünschen der Mitarbeiter gerecht werden?

In den seltensten Fällen wird der Arbeitgeber einen Galaabend im teuersten Hotel der Stadt organisieren und dem Arbeitnehmer die Entscheidung überlassen, ob er zu seinem Fest erscheint oder den Abend lieber im Kreis der Familie verbringt. Weit realistischer (besonders bei größeren Unternehmen) und obendrein kostengünstiger für den Arbeitgeber ist – anstelle einer Zusammenkunft aller Arbeitnehmer während der Arbeitszeit – die Gratulation innerhalb der Werkszeitung. Doch ist die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten in der Werkszeitung überhaupt erlaubt und wenn ja, an welche Bedingungen ist sie geknüpft?

Das Medium „Werkszeitung“

Anders als vielleicht vielerorts vermutet stellt die Werkszeitung nicht zwangsläufig eine reine Selbstmarketingmaßnahme eines Unternehmens dar. Gemäß BVerfG, Beschluß vom 08-10-1996 – 1 BvR 1183/901 gehören auch Werkszeitungen zur Presse, selbst wenn sie nur unternehmensintern verteilt werden. Der Schutz der Pressefreiheit wird hierbei also nicht von besonderen Eigenschaften der Publikation abhängig gemacht.

Der Beschluss vom 29.10.2015 -BVerwG 1 B 32.15 bestätigt dies:

„Auch für Kunden-, Werks-, Partei- und Vereinspublikationen wird grundsätzlich anerkannt, dass das Medienprivileg Anwendung findet.“ 2

Nach dem Inkrafttreten der DSGVO ist hierbei nicht von einer anderen rechtlichen Bewertung auszugehen. Die Stellungnahme der Landesbeauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht (Brandenburg) verdeutlicht:

Sollte die Datenverarbeitung zu journalistisch-redaktionellen Zwecken erfolgen, können sich Verantwortliche auf das sog. Medienprivileg berufen. […] Danach sind Unternehmen sowie Hilfsunternehmen der Presse weitestgehend frei von spezifisch datenschutzrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit der Erhebung und Verarbeitung der Daten, müssen sich jedoch bei der Recherche und Verbreitung weiterhin am allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie am Urheberrecht orientieren. Insbesondere befreit die journalistische Tätigkeit nicht von den Vorgaben für geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen. 3

Es muss also davon ausgegangen werden, dass bei der Veröffentlichung in der Werkszeitung das Medienprivileg in Betracht kommen kann. Voraussetzung hierzu ist der „journalistisch-redaktionelle Zweck“ der Berichterstattung. Ist dieser gewährleistet, so gilt der Pressekodex für die Redaktion.

Gemäß Pressekodex (Ziffer 8) muss seitens der Redaktion Folgendes beachtet werden:

„Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung. Soweit eine Anonymisierung geboten ist, muss sie wirksam sein.
Die Presse gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.“
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Bei der Abwägung zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht des Genannten und der Pressefreiheit (beziehungsweise das Interesse der Öffentlichkeit an einer entsprechenden Berichterstattung) muss die Unterscheidung vorgenommen werden, wie tief die Publizierung in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen eingreift.

Hierbei gilt es zu unterscheiden zwischen Sozialsphäre (z.B. soziale Kontakte) und Öffentlichkeitssphäre (z.B. Bühnenauftritt eines Künstlers), der Privatsphäre (Privatleben, häuslicher Lebensbereich) und der Intimsphäre (innerste Gedanken / höchstpersönliche Informationen) des Betroffenen. Der Eingriff in die Intim- oder Privatsphäre eines Betroffenen ist dabei stets schwerer zu gewichten als eine Berichterstattung, die in die Sozial- oder Öffentlichkeitssphäre des Betroffenen eingreift. Unser Beispiel – das Geburtsdatum eines Mitarbeiters – ist der Privatsphäre der Person zuzuordnen.

Es gilt demnach zu überprüfen, inwieweit das Informationsinteresse der Leserschaft das Recht auf das Privatleben überwiegt. Und dies wiederum ist auch abhängig davon, inwieweit die Person, über die berichtet werden soll, eine Person des „öffentlichen Lebens“ darstellt.
Nicht ausschließlich diejenigen Prominenten, die in Hollywood über den roten Teppich laufen, gelten als „Person des öffentlichen Lebens“. Auch der Vorstandsvorsitzende oder der Pressesprecher eines Unternehmens kann – gemessen an dem Zielpublikum des Pressemediums – als derartige Person gesehen werden. Für den Fließbandarbeiter hingegen oder die Mitarbeiterin aus dem unteren Management trifft dies jedoch nicht zu, hier würde stets das Recht auf die Privatsphäre überwiegen.

Aber wir werden doch alle älter. Wieso soll diese Tatsache ein Eingriff in das Privatleben sein?

Tatsächlich wird es so sein, dass die direkten Arbeitskollegen, mit denen man täglich das Büro teilt, über den Geburtstag und das Alter eines Mitarbeiters Bescheid wissen. Sofern die Aussage dazu vom Betroffenen selbst gegenüber den Mitarbeitern getätigt wird bzw. wurde und nun als „Allgemeinwissen“ im Raum steht, ohne dass eine Dokumentationspflicht von Seiten des Arbeitgebers besteht, ist hier keine vom Arbeitgeber zu verantwortende Verarbeitungstätigkeit zu sehen. Gemäß Artikel 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO würden hier natürliche Personen (die Mitarbeiter) in der Ausübung ausschließlich „persönlicher oder familiärer Tätigkeiten“ agieren, so dass die DSGVO keine Anwendung findet.

Wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sich jedoch aus persönlichen Gründen dem Gruppenzwang oder der Feierlaune des Kollektivs entziehen möchte, ist es durchaus das gute Recht der Person.

„Gerade im Arbeitsleben enthält die Altersangabe eine besondere Aussagekraft. Sie lässt z.B. unerwünschte Rückschlüsse auf Karriereverläufe zu.“ 5

Prof. Peter Gola beleuchtet damit in seinem „Handbuch Beschäftigtendatenschutz – Aktuelle Rechtslage und Umsetzungshilfen“ unter anderem das Beispiel des betagten Referenten, der trotz des vorangeschrittenen Alters noch nicht in die höhere Führungsebene vorgedrungen ist.

Ebenso ist es denkbar, dass Mitarbeiter/innen sich gegenüber der Belegschaft gern als ewig 28-Jährige darstellen wollen, weil sie in dem Alter ein Tabuthema sehen. Die Beweggründe hierhinter sind nicht von Relevanz für den Arbeitgeber, datenschutzrechtlich sollte der Wunsch zum Umgang mit dem Alter das Angestellten vom Arbeitgeber respektiert werden.

Muss das Gratulieren in der Werkszeitung daher unterbleiben?

Wenn der Wunsch des Angestellten auf „Altersanonymität“ besteht bzw. bestehen kann und dieser Wunsch auch schwerer zu gewichten ist als das öffentliche Interesse (der Belegschaft), kann die Gratulation des Arbeitgebers (auch in Form der „Redaktion“ oder des „Unternehmens“) und die damit verbundenen Preisgabe der Informationen zum Geburtstag bzw. Alter des Mitarbeiters nicht im Zuge der „redaktionellen Berichterstattung“ erfolgen.

Unter den Bedingungen des Artikel 7 DSGVO bietet sich der Redaktion aber durchaus die Möglichkeit, sich vom Geburtstagskind bzw. Jubilar eine Einwilligung in die Publizierung einzuholen, vergleiche hierzu auch den 10.Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde Hessen (Seite 13).

„Für den Fall des Dienstjubiläums bedeutet dies, der Arbeitnehmer muss vor der Veröffentlichung seiner privaten Daten um Einwilligung gebeten werden.“ 6

Doch ist im Angestelltenverhältnis bei einer derartigen Einwilligung prinzipiell die Freiwilligkeit gewährleistet? In der Tat stufen die deutschen Gerichte aufgrund des ungleichen Machtgefüges zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Einwilligung nur dann als freiwillig ein, wenn die Einwilligung in die Datenverarbeitung entweder nur dem Angestellten oder zumindest dem Angestellten im mindestens gleichen Maße wie dem Arbeitgeber einen Vorteil an der Datenverarbeitung bietet. Das bedeutet für Unternehmen, dass keinesfalls ein latenter Zwang (z.B. Gruppenzwang der Belegschaft) ausgeübt werden darf bei der Einwilligung in die Publizierung. Ebenso darf keine Kopplung erfolgen, die beispielsweise einen Geschenkgutschein zum Geburtstag nur gegen die Einwilligung in die Publizierung in der Werkszeitung vorsieht.

Da eine Einwilligung stets widerrufbar gestaltet sein muss, wäre es im Rahmen der schriftlichen Erlaubnis nötig auf den Redaktionsschluss der Werkszeitung hinzuweisen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt werden, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Dabei gilt es wie immer zu beachten, dass der Widerruf genauso einfach realisierbar ist wie die Einwilligung zuvor, bewährt hat sich hierzu eine E-Mail an die Redaktion.

JUV

Quellen

1      BVerfG, Beschluß vom 08-10-1996 – 1 BvR 1183/90

c) Zur Presse i.S. von Art. 5 I 2 GG gehören auch Werkszeitungen. Gegenstand verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung waren bisher zwar nur Zeitungen oder Zeitschriften, die dem Publikum allgemein zum Kauf angeboten werden. Werkszeitungen unterscheiden sich von solchen Presseerzeugnissen vor allem dadurch, daß sie lediglich unternehmensintern verteilt werden. Art. 5 I 2 GG läßt aber nicht erkennen, daß es für die Pressequalität eines Druckerzeugnisses auf diesen Unterschied ankommen soll. Für die Funktion des Grundrechts, eine staatlich nicht reglementierte, offene Kommunikation zu gewährleisten, ist er unerheblich. Die Ermöglichung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung, die Art. 5 I GG gewährleisten will (vgl. BVerfGE 57, 295 (319) = NJW 1981, 1774), wird nicht nur von allgemein zugänglichen, sondern auch von gruppeninternen Publikationen erfüllt. Dementsprechend hat auch das BVerfG den Schutz der Pressefreiheit nicht von besonderen Eigenschaften der Publikation abhängig gemacht, solange diese nur in gedruckter und zur Verbreitung geeigneter und bestimmter Form am Kommunikationsprozeß teilnimmt. Vielmehr ist es stets von einem weiten und formalen Pressebegriff ausgegangen (vgl. BVerfGE 34, 269 (283) = NJW 1973, 1221; BVerfGE 66, 116 (134) = NJW 1984, 1741). Das muß auch für die Verbreitungsmodalitäten gelten. Entscheidend für den Grundrechtsschutz der Presse ist allein das Kommunikationsmedium, nicht der Vertriebsweg oder Empfängerkreis. […]

2      BVerwG, Beschluss v. 29.10.2015, 1 B 32.15, ECLI:DE:BVerwG:2015:291015B1B32.15.0.

[…] Auch für Kunden-, Werks-, Partei- und Vereinspublikationen wird grundsätzlich anerkannt, dass das Medienprivileg Anwendung findet. Vereine, Parteien oder sonstige Unternehmen, die Mitglieder-, Kunden- oder sonstige Publikationen erstellen, können das Medienprivileg aber nur in Anspruch nehmen, wenn die für die Publikationen zuständige Abteilung organisatorisch selbständig ist (Buchner, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 41 BDSG, Rn. 20; Gaertner, in: Gierschmann/Saeugling, Systematischer Praxiskommentar Datenschutzrecht, 2014, § 41 BDSG Rn. 8; Führ, in: Auernhammer, BDSG, 4. Aufl. 2014, § 41 Rn. 12; Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 41 Rn. 7 f.; Dix, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn. 11; Wedde, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl. 2014, § 41 Rn. 9). Tauglicher Adressat des Medienprivilegs nach nationalem Recht sind daher nur organisatorisch in sich geschlossene, gegenüber den sonstigen (betrieblichen) Stellen abgeschottete, in der redaktionellen Tätigkeit autonome Organisationseinheiten (Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 41 Rn. 8). Die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, ob für die Anwendbarkeit des Medienprivilegs eine „publizierende Abteilung als Unternehmen im Unternehmen“ vorliegen muss, ist daher im Ansatz zu bejahen, ohne dass Art und Umfang dieser Verselbständigung hier näher zu vertiefen sind. […]

3      Vgl. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht (Brandenburg), Dagmar Hartge: Verarbeitung personenbezogener Daten bei Fotografien, Rechtliche Anforderungen unter der DS-GVO, https://www.lda.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/RechtlicheAnforderungenFotografie.pdf, (Version 1.1, Stand 11. Juni 2018), Seite 8

4      Vgl. https://www.presserat.de/pressekodex.html, Stand 03/2021

5      Vgl. Peter Gola: Handbuch Beschäftigtendatenschutz – aktuelle Rechtsfragen und Umsetzungshilfen, 8. Aufl., 2019, S. 220

6      Vgl. 10. Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde Hessen, https://www.zaftda.de/tb-bundeslaender/hessen/aufsichtsbehoerde-bis-30-juni-2011/410-10-tb-noeb-hessen-1996-14-3086-vom-01-08-1997/file, Stand 03/2021